Der Wecker klingelt um 4:45 Uhr. Das Frühstückessen fällt von Tag zu Tag schwerer. Wir packen unsere Sachen in Ilas Caddy, in dem ihre Mutter Gina uns morgens zum Start fährt. Ilas Platz ist im Laderaum auf dem Ersatzrad, welches Ihre Mutter schon mehrfach ausladen wollte, weil es einfach immer im Weg ist. Die Zufahrtsstraße zu unserer Unterkunft ist eine sandige Schotterpiste mit querverlaufenden Wasserrinnen, die sich heute Morgen deutlich holpriger als sonst anfühlen, aber vielleicht ist das auch die abnehmende körperliche Verfassung. Als wir aber auf die geteerte Straße abbiegen und es noch immer genauso holpert, werden wir stutzig und müssen feststellen, dass das linke Hinterrad einen Platten hat. Zugegebenermaßen sieht unser morgendlicher Zeitplan solche Dinge nicht vor. Im Dunkeln am Straßenrand an einer stark befahrenen Straße wuchten wir Ilas Sitzgelegenheit aus dem Auto und beginnen mit dem unterdimensionierten Wagenheber das Auto anzuheben. Ein passender Schlüssel für die Radmuttern lässt sich im Auto freilich nicht finden. Wir haben daher Glück, dass der Mann einer der Fahrerinnen, mit denen wir uns die Unterkunft teilen, noch an ebendieser ist und uns mit seinem Werkzeug schnell zur Hilfe eilt. Das Warmfahren muss ausfallen, aber zum Start schaffen wir es mit Reserverad rechtzeitig.
Die ersten Kilometer rollen wir heute auf Schotterpisten und Asphalt mit mächtigem Gegenwind bis wir den ersten langen und technischen Anstieg erreichen, wo sich das Feld schnell sortiert: die ersten drei Damenteams sind eine andere Leistungsklasse und vorneweg. Dahinter reihen sich mit kleineren und größeren Abständen die nächsten Teams ein. Ila und ich fahren ein zügiges Tempo und sind erstaunt, schon bald auf die Slowaken vom Team 8capital aufzufahren, die uns sonst bergan deutlich überlegen waren, heute aber wohl etwas Probleme haben. Im Vierergespann geht es über eine Art Hochebene und über den nächsten Anstieg. Die Abfahrt danach ist eine grobe Schotterpiste mit metertief ausgespülten Löchern – genau die Art Abfahrt, die mir sehr gut liegt. Ich bin überrascht, dort das Team von Margot Moschetti und Costanza Fasolis einzusammeln und zu überholen. Von da an sind wir zu sechst unterwegs, was Spaß macht, da wir bis jetzt meist zu zweit unseren Stiefel gefahren sind. Nach einem Stopp an der Verpflegungsstation tun wir das auch kurzzeitig wieder. Ein besonders tiefes von unzähligen Sandlöchern muss Margot jedoch zu Sturz gebracht haben. Als wir vorbeikommen, richtet sie noch ihren Lenker. Bainskloof Pass nach knapp 2/3 der Strecke ist ein langer, ekliger Asphaltanstieg. An dessen Fuß kann ich mit Ila im Windschatten schnell die Slowakinnen wieder einsammeln. Im Anstieg setzen wir die bewährte „Stark‘sche Ochsenkarren-Technik“ ein, immer im Wechsel eine Minute rechts eine Minute links mit je einer Minute Erholungszeit dazwischen für die „Ochsin“, um die Lücke zu den kletterstarken und offensichtlich nun wieder erholten Slowakinnen klein halten. Über die Kuppe und in den Gegenwind auf der anderen Seite des Passes müssen wir dafür aber etwas bezahlen und die Lücke wird größer. Auch im dann folgenden steilen Singletrack-Anstieg können die beiden weiter enteilen und wurden dann auch nicht wieder gesehen. Die Temperaturen erreichen bald 38°C und ich werde im Gegenzug immer schwerfälliger. Ich bin jetzt froh über jedes bisschen Schatten – sowas ist man als Mitteleuropäer im März einfach nicht gewohnt. Die Trails bergab machen super viel Spaß, aber bergauf wird es für mich eine ziemliche Quälerei. Zum nächsten Water Point schafft es Ilas Mutter nicht, nachdem sie noch eine Werkstatt zur Reparatur des zerstörten Reifens aufsuchte. Wir füllen daher unsere Flaschen am offiziellen Stand auf. Nach einer halben Flasche Cola fange ich langsam an, mich wieder zu erholen. Zurück an der Unterkunft bemerken wir später, dass wir die letzten Tage immer Low-Sugar-Coke getrunken hatte - kein Wunder, dass am Ende immer nicht mehr viel ging (Anm. d. Red.: das geschieht in SA schnell, da die größten Cola-Flaschen im Supermarkt alle Low-Sugar sind, ohne dass man ihnen das gleich ansehen würde; allerdings lagen da eigentlich schon einschlägige Erfahrungswerte vor …). Am letzten Anstieg werden wir vom defektgeplagten Team Scott Calabandia/BULLS überholt, womit wir aber gerechnet hatten. So bringen wir heute, nachdem es am Vortag hieß, wir könnten nichts anderes als Platz 9, zur Abwechslung einen 8. Platz ins Ziel (Anm. d. Red.: Sehr gut, die Bemerkung hat schonmal die gewünschte Wirkung entfaltet).
Die brutale Hitze scheint nicht nur mir zuzusetzen. Die Mediclinic hat Alarm geschlagen, dass zu viele Fahrer stark dehydriert und behandlungspflichtig ins Ziel gekommen seien, sodass für morgen die Königsetappe um 15 km gekürzt wird und eine extra Verpflegungsstelle eingerichtet wird. Nichtsdestotrotz wird morgen wieder ein langer und harter Tag werden, auch weil mittlerweile von den Händen bis zu den Füßen alles etwas „angeschlagen“ ist. Wir sind aber schon ein gut eingespieltes Team, was mit Ila, die immer freundlich, nett und motivierend ist, auch nicht schwierig ist. Daher blicken wir dem zuversichtlich entgegen, zumal es allen anderen Teams genauso gehen dürfte.
Wednesday, March 20, 2024
Etappe 3 - Der erste Platten (und einmal nicht Platz 9!)
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