Monday, March 25, 2024

Etappe 5 – Ende wider Willen

Ich möchte heute zu meinem unverhofft zeitigen Ende des Cape Epic 2024 noch ein paar Zeilen nachlegen, um auch irgendwie hier einen Abschluss finden.

Die 5. Etappe in Wellington war auf dem Papier die „leichteste“ und hätte uns vom Profil her in die Karten spielen können, sodass ich am Abend zuvor noch damit geliebäugelt hatte, mit den beiden vor uns platzierten Teams so lange wie möglich mithalten zu wollen. Rückblickend hatte ich an dem Vortag aber schon ein leichtes Halskratzen und Schnupfen, dem ich zunächst aber keine weitere Bedeutung zumaß.

Nach einem relativ gutem Schlaf fühlte ich mich am Morgen dann etwas angeschlagen mit Halsschmerzen, Heiserkeit, Husten und Schnupfen. Das Warmfahren ging noch ganz gut. Nach dem Startschuss hatten wir beide aber ganz schön zu tun, mitzuhalten, sodass wir schnell vom Ursprungsplan abwichen und nach wenigen Kilometern unser eigenes Tempo fuhren. Auch mit diesem eher konservativen Tempo bekam ich zunehmend Atemprobleme an und nach jedem Anstieg, die ich so bisher noch nie selbst erfahren hatte: Ich bekam nur sehr schwer Luft, Sprechen war nicht mehr möglich und einige Male musste ich anhalten, um Luft holen zu können. Ila war eine tolle Partnerin. Sie motivierte mich, aber setzte mich nie unter Druck und half mir, wo immer es möglich war. Nun im Grundlagentempo schlichen wir gen Ziel und verloren dabei viel Zeit und Platzierungen an diesem Tag. Nach der Zieldurchfahrt als 15. wurde ich direkt zum Medi-Zelt gebracht, wo nach einer Inhalation mit einem Asthma-Notfallmedikament die Atemnot besser wurde. Mir wurde empfohlen, zu weiteren Tests ins Krankenhaus zu fahren und mir wurde nahegelegt, am nächsten Tag nicht mehr zu starten. Sicher war mir das, auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, schon klar gewesen, aber das dann nochmal so zu hören, war dann doch ein ziemlicher Tiefschlag.

Der Krankenhausbesuch mit verschiedenen Tests brachte dann einen positiven Covid-Test. Es ist schon fast ironisch, dass ich mir das jetzt hier aufgeladen habe, nachdem ich im September letzten Jahres erst Covid hatte, und seitdem recht penibel Maske getragen habe, um eben das zu vermeiden.

In der Folgenacht fühlte ich mich dann auch zunehmend „krank“ mit Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit, was es mir etwas leichter machte, mein Rad an dem Morgen der 6. Etappe bei feinem Nieselregen nicht an den Start zu schieben. Ila fuhr die letzten beiden Tage noch zu Ende als Einzelstarter aus dem 3. Startblock. Ich wurde am Samstag zurück nach Fish Hoek, zu Ilas Zuhause, gefahren, wo ich viel aufs Meer schauen konnte und sonst viel „Nichts“ gemacht habe. Gern hätte ich auch Ila von der Seite der Strecke noch „unterstützt“. Doch ich habe mich doch recht krank gefühlt und wollte das Virus auch nicht unnötig weiter verbreiten. Besonders in den letzten Tagen sind viele andere Fahrer mit Atemwegsinfektionen und Krankheitsgefühl ausgeschieden oder haben sich damit am letzten Tag über die Ziellinie geschleppt. Bei meiner letzten Teilnahme vor 2,5 Jahren gab es strenge Hygienemaßnahmen und vorgeschriebene Tests. Das in abgespeckter Form weiterzuführen, wäre vermutlich keine so schlechte Idee.

Mit etwas räumlichem und emotionalem Abstand bin ich einerseits natürlich enttäuscht, dass wir nach vielen Wochen nicht immer einfacher Vorbereitung das Ziel nicht gemeinsam erreicht haben. Vor allem tut es mir aber leid für alle anderen, die da mit involviert sind, allen voran natürlich meine tolle Partnerin Ila und ihre Familie genau wie Sebastian und meine Familie zu Hause, die mich in den letzten Wochen, wenn nicht auf der Rolle, sonst nicht viel gesehen haben.

Meine Vorbereitung war, trotz nicht perfekter Umstände, dank eines ausgefuchsten Plans von meiner Trainerin Sally Bigham, dennoch gut und ich auf den Punkt fit, worüber ich erstaunt war und sehr dankbar bin.

Anderseits ist es am Ende des Tages oder der Woche aber auch „nur“ ein Radrennen, nichts womit ich Geld verdiene(n muss) und eins, das es jedes Jahr wieder gibt. Am Ende ist dieses Risiko krank zu werden immer mit präsent und etwas, das wir, wenn überhaupt, nur sehr bedingt beeinflussen können.

Ich werde die lehrreiche, aufregende und tolle Zeit, die ich bis zum Freitag hatte, immer dankbar in Erinnerung halten. Die Partnerschaft mit Ila, mit der ich bisher noch nie zusammen gefahren bin, hat von der ersten Minute an super harmoniert, was ganz wesentlich dazu beigetragen hat, dass wir zusammen eine unvergessliche Zeit hatten.

Jetzt freue ich mich aber auf den Rückflug heute Abend um dann morgen meine Familie wiederzusehen.  

Thursday, March 21, 2024

Etappe 4 – Queen Stage in Wellington

Nach einer Nacht mit wenig Schlaf aufgrund der unerträglichen Hitze und unzähliger Mücken, die hier nicht nur viel größer sondern auch viel lauter sind, brauchte ich heute nach dem Start eine Weile um wach zu werden. Ila schien da besser in Tritt zu kommen und so konnten wir bis zur ersten Verpflegung nach 20 Kilometer ganz gut mit den beiden Teams vor uns mitfahren. An der Verpflegungsstelle gab es eine Verzögerung, da Ilas Mutter verspätet war, sodass ich erst auffüllte, dann aber nochmal umkehrte um meine Flaschen abzuholen. Dadurch entflohen die beiden anderen Teams nach vorn und wir fuhren von da an wieder unser Tempo, was bergab etwas schneller, bergauf etwas langsamer ist im Vergleich zu den beiden vor uns Platzierten. Die flowigen, abwechslungsreichen Singletrails um Wellington sind ganz weit oben auf meiner Favoritenliste. Das ist pures Fahrvergnügen. Auch bergauf waren wir heute viel auf Trails unterwegs, was die Anstiege kurzweiliger machte. Um aber auch nach drei Stunden noch um die unzähligen Spitzkehren zu kommen, braucht man/Frau doch immer und immer wieder kurze Leistungsspitzen, die zum Schluss hin immer mehr weh tun. Nach 2,5 Stunden kletterten die Temperaturen über 30 °C und mir begann die Hitze wieder zunehmend zuzusetzen. Aufgrund der hitzebedingten Streckenkürzung waren wir zu dem Zeitpunkt bereits am Fuße des letzten Berges, der uns auf schmalen Wegen über eine Stunde lang bergauf zum höchsten Punkt des Tages führen würde. Ich war froh über das konstante und zunächst konservative Tempo, das Ila anschlug. Der Cliffhanger Trail ist noch recht neu, aber absolut spektakulär, sowohl auf den letzten Metern bergauf als auch bergab. Vom höchsten Punkt fuhren wir fast die letzten 20 km bergab ins Ziel, wo wir diesmal wieder auf unserem gewohnten 9. Platz ankamen. Meine Schaltung machte heute was sie wollte und nur selten was sie sollte. Da Ila gut vernetzt ist, konnte ein befreundeter Mechaniker am Nachmittag das schon wieder verbogene Schaltauge in Form bringen und die Schaltung einstellen (Frage d. Red.: Was machen die Mädels denn mit den armen Rädern?). Nebenbei erwähnt hat Ila den wohl größten Fanclub an der Strecke. Wo auch immer wir hin kommen, alle kennen sie und rufen ihren Namen und feuern uns an und Ila hat für jeden ein nettes Wort übrig. Die Maximaltemperatur für die Fahrer, die später ins Ziel kamen lag heute weit über 40°C. Ab morgen soll es langsam wieder kühler werden, worüber jeder dankbar sein wird.




Wednesday, March 20, 2024

Etappe 3 - Der erste Platten (und einmal nicht Platz 9!)

Der Wecker klingelt um 4:45 Uhr. Das Frühstückessen fällt von Tag zu Tag schwerer. Wir packen unsere Sachen in Ilas Caddy, in dem ihre Mutter Gina uns morgens zum Start fährt. Ilas Platz ist im Laderaum auf dem Ersatzrad, welches Ihre Mutter schon mehrfach ausladen wollte, weil es einfach immer im Weg ist. Die Zufahrtsstraße zu unserer Unterkunft ist eine sandige Schotterpiste mit querverlaufenden Wasserrinnen, die sich heute Morgen deutlich holpriger als sonst anfühlen, aber vielleicht ist das auch die abnehmende körperliche Verfassung. Als wir aber auf die geteerte Straße abbiegen und es noch immer genauso holpert, werden wir stutzig und müssen feststellen, dass das linke Hinterrad einen Platten hat. Zugegebenermaßen sieht unser morgendlicher Zeitplan solche Dinge nicht vor. Im Dunkeln am Straßenrand an einer stark befahrenen Straße wuchten wir Ilas Sitzgelegenheit aus dem Auto und beginnen mit dem unterdimensionierten Wagenheber das Auto anzuheben. Ein passender Schlüssel für die Radmuttern lässt sich im Auto freilich nicht finden. Wir haben daher Glück, dass der Mann einer der Fahrerinnen, mit denen wir uns die Unterkunft teilen, noch an ebendieser ist und uns mit seinem Werkzeug schnell zur Hilfe eilt. Das Warmfahren muss ausfallen, aber zum Start schaffen wir es mit Reserverad rechtzeitig.

Die ersten Kilometer rollen wir heute auf Schotterpisten und Asphalt mit mächtigem Gegenwind bis wir den ersten langen und technischen Anstieg erreichen, wo sich das Feld schnell sortiert: die ersten drei Damenteams sind eine andere Leistungsklasse und vorneweg. Dahinter reihen sich mit kleineren und größeren Abständen die nächsten Teams ein. Ila und ich fahren ein zügiges Tempo und sind erstaunt, schon bald auf die Slowaken vom Team 8capital aufzufahren, die uns sonst bergan deutlich überlegen waren, heute aber wohl etwas Probleme haben. Im Vierergespann geht es über eine Art Hochebene und über den nächsten Anstieg. Die Abfahrt danach ist eine grobe Schotterpiste mit metertief ausgespülten Löchern – genau die Art Abfahrt, die mir sehr gut liegt. Ich bin überrascht, dort das Team von Margot Moschetti und Costanza Fasolis einzusammeln und zu überholen. Von da an sind wir zu sechst unterwegs, was Spaß macht, da wir bis jetzt meist zu zweit unseren Stiefel gefahren sind. Nach einem Stopp an der Verpflegungsstation tun wir das auch kurzzeitig wieder. Ein besonders tiefes von unzähligen Sandlöchern muss Margot jedoch zu Sturz gebracht haben. Als wir vorbeikommen, richtet sie noch ihren Lenker. Bainskloof Pass nach knapp 2/3 der Strecke ist ein langer, ekliger Asphaltanstieg. An dessen Fuß kann ich mit Ila im Windschatten schnell die Slowakinnen wieder einsammeln. Im Anstieg setzen wir die bewährte „Stark‘sche Ochsenkarren-Technik“ ein, immer im Wechsel eine Minute rechts eine Minute links mit je einer Minute Erholungszeit dazwischen für die „Ochsin“, um die Lücke zu den kletterstarken und offensichtlich nun wieder erholten Slowakinnen klein halten. Über die Kuppe und in den Gegenwind auf der anderen Seite des Passes müssen wir dafür aber etwas bezahlen und die Lücke wird größer. Auch im dann folgenden steilen Singletrack-Anstieg können die beiden weiter enteilen und wurden dann auch nicht wieder gesehen. Die Temperaturen erreichen bald 38°C und ich werde im Gegenzug immer schwerfälliger. Ich bin jetzt froh über jedes bisschen Schatten – sowas ist man als Mitteleuropäer im März einfach nicht gewohnt. Die Trails bergab machen super viel Spaß, aber bergauf wird es für mich eine ziemliche Quälerei. Zum nächsten Water Point schafft es Ilas Mutter nicht, nachdem sie noch eine Werkstatt zur Reparatur des zerstörten Reifens aufsuchte. Wir füllen daher unsere Flaschen am offiziellen Stand auf. Nach einer halben Flasche Cola fange ich langsam an, mich wieder zu erholen. Zurück an der Unterkunft bemerken wir später, dass wir die letzten Tage immer Low-Sugar-Coke getrunken hatte - kein Wunder, dass am Ende immer nicht mehr viel ging (Anm. d. Red.: das geschieht in SA schnell, da die größten Cola-Flaschen im Supermarkt alle Low-Sugar sind, ohne dass man ihnen das gleich ansehen würde; allerdings lagen da eigentlich schon einschlägige Erfahrungswerte vor …). Am letzten Anstieg werden wir vom defektgeplagten Team Scott Calabandia/BULLS überholt, womit wir aber gerechnet hatten. So bringen wir heute, nachdem es am Vortag hieß, wir könnten nichts anderes als Platz 9, zur Abwechslung einen 8. Platz ins Ziel (Anm. d. Red.: Sehr gut, die Bemerkung hat schonmal die gewünschte Wirkung entfaltet).

Die brutale Hitze scheint nicht nur mir zuzusetzen. Die Mediclinic hat Alarm geschlagen, dass zu viele Fahrer stark dehydriert und behandlungspflichtig ins Ziel gekommen seien, sodass für morgen die Königsetappe um 15 km gekürzt wird und eine extra Verpflegungsstelle eingerichtet wird. Nichtsdestotrotz wird morgen wieder ein langer und harter Tag werden, auch weil mittlerweile von den Händen bis zu den Füßen alles etwas „angeschlagen“ ist. Wir sind aber schon ein gut eingespieltes Team, was mit Ila, die immer freundlich, nett und motivierend ist, auch nicht schwierig ist. Daher blicken wir dem zuversichtlich entgegen, zumal es allen anderen Teams genauso gehen dürfte.


Tuesday, March 19, 2024

Etappe 2 – Hitzeschlacht im Witzenberg Valley

Foto: Sam Clark

Der Bericht heute muss kurz ausfallen, da der Akku zur Neige geht: Es ist gerade mal wieder Loadshedding (Stromausschaltungen) und morgen zu unserer Frühstückszeit wieder. Für morgen heißt das hoffen, dass man im Halbdunkel alles findet, die richtige Radhose erwischt (Anm. d. Red.: vor fünf Jahren ging das zum selben Zeitpunkt des Rennens schonmal schief und führte zu erheblichen Komplikationen im weiteren Verlauf) und es einen Gaskocher für ‘ne Tasse Tee gibt.

Nach der gestrigen Etappe hatte ich zunehmende Verdauungsbeschwerden, die mich in kurzen Abständen auf die Toilette zwangen. So war ich vor dem Start heute Morgen doch ein wenig unsicher, wie das enden würde. Vorsichtshalber hatte ich ein Päckchen Taschentücher in die Trikottasche gepackt (Anm. d. Red.: Weise, weise – da kann der Dumoulin noch was lernen). Ich startete verhalten, merkte aber schnell, dass es mir ohne die Aufnahme fester Nahrung und im fahrenden Zustand deutlich besser ging. Vor dem ersten, über eine Stunde langen Anstieg auf dem alten „Waggon Trail“ konnten wir uns günstig positionieren und den technischen Anstieg in einem gleichmäßigen Tempo ohne Positionsrangelei hochfahren. Dabei fragte ich mich die ganze Zeit, welche Karren die früher gehabt haben müssen, um dort hochzukommen (Anm. d. Red.: sicher welche von ax-lightness). Die schnellen Männer des Startblocks hinter uns holten uns bei Zeiten ein, diesmal liefen die Überholmanöver gesitteter ab, es gab aber auch mehr Möglichkeiten zum Überholen.

Die Aussicht am Morgen über das Tal war wirklich phänomenal. Auf der anderen Seite des Anstiegs wurden wir über schnelle Schotterpisten einmal durch das Tal geführt. Ila hatte hier etwas Probleme und wir versuchten, so gut es ging Kräfte zu sparen für die nächsten anspruchsvollen Passagen. Diese waren mir nach einem Sturz auf der zweiten Etappe meiner letzten Teilnahme noch in schmerzhafter Erinnerung. Mit gemäßigterem Tempo als damals kamen wir aber überall sicher runter. Derweil stiegen die Temperaturen bis auf 36 °C, was weit über unserer Komfortzone lag. Auch Eissocken und kaltes Wasser an den Verpflegungsstellen brachte da stets nur kurze Besserung.

Der letzte Anstieg brachte uns wieder zum Einstieg des zuvor erklommenen Waggontrails. Bergab machte das richtig Spaß! Recht bald fuhren wir auf den altbekannten und nimmermüden Barti Bucher und dessen Partner auf und reihten uns dahinter ein. Am Fuße des Berges standen dann viele Teams mit Plattfüßen. Auf den restlichen Kilometern bis zum Ziel überholten wir mehrere, die wir zuletzt kurz nach dem Start gesehen hatten, die nun laufend oder rennend gen Ziel unterwegs waren, manche mit Rädern ohne Reifen, manch andere hatten ihre Räder auch frustriert im Straßengraben zurück gelassen.

Wir kamen heute wieder als 9. Damenteam ins Ziel (Anm. d. Red.: So langsam wird’s langweilig). Im Anschluss gab’s eine Massage und einen Mittagsschlaf, sodass der morgigen Etappe eigentlich nichts mehr im Weg stehen sollte.

Monday, March 18, 2024

Etappe 1 – Rund um Tulbagh auf bekanntem Terrain

Foto: Sam Clark
Wir richteten es uns gestern in unserer Unterkunft für die nächsten Tage ein, einem Farmhaus, das wir uns mit einem anderen Damenteam teilen. Hier gibt es neben zahlreichen „Shongololos“ (kleine schwarze Tausendfüßler) unzählige Mücken, die blutrünstig an der Decke hocken und einem lautstark um die Ohren summen. Die Existenz solcher Probleme gerät über unsere Wintermonate völlig in Vergessenheit.

Nachdem meine Schaltung während des Prologs ein ziemliches Eigenleben entwickelt hatte, welches vermutlich auf den Schaltaugenwechsel samt Neueinstellung nach dem Flug zurückzuführen war, gab es von Sebastian eine Fernanleitung zum Schaltungstuning, was die Sache um 100 % verbessert hat.

Für die notwendige Aufregung vorm Start sorgte die Tatsache, dass Ila keinen Akku für Ihre elektronische Schaltung dabei hatte und 15 min vor Start feststellte, dass ihre absenkbare Sattelstütze ein Eigenleben entwickelte und stets von selbst reinrutschte. Dankenswerterweise fand sie schnell einen bekannten Mechaniker, der die Zugspannung korrekt einstellte.

Direkt nach dem Start zwischen vielen Stars des Sports gab es eine große Gruppe in der niemand vorne dran fahren wollte. Das war ein Gebummel und eine Hektik dahinter, die ich ganze 8 min aushielt und mich dann an die Spitze setzte. Innerlich sah ich Sebastian für diese taktische Nullnummer die Hände über den Kopf zusammenschlagen, aber ich genoss es, freie Fahrt und kein Geschubse mehr zu haben (Anm. d. Redaktion: Nicht dumm zum Nulltarif in den ersten Trail einzubiegen). Unvorhergesehen kam ich auch in den ersten kurzen Singletrail des Tages, wo es nach einer scharfen Rechtskurve kurz steil bergauf ging. Kurz hinter mir muss Nicole Koller dort ausgerutscht sein, was einen Riesenstau verursachte und mir eine völlig ungewollte Lücke von 50 m verschaffte. Das war mir dann doch etwas unheimlich und ich wartete auf den Rest des Trupps und reihte mich wieder im Chaos ein. Im Bummeltempo ging es weiter, bis wir zu einer schmalen Tordurchfahrt kamen, durch die jeder nur einzeln und langsam hintereinander durchkam. An dieser Stelle entfleuchte die Führungsgruppe und ward von uns nie mehr gesehen. Wir fanden eine kleine Gruppe und arbeiteten recht gut zusammen bis zum ersten Anstieg des Tages. Hier machte sich nach morgendlichen Schwierigkeiten erneut mein Magen-Darm-Trakt bemerkbar, sodass ich mich innerlich schon auf einen Toilettenstopp bei der ersten Verpflegungsstation vorbereitete. Ich war froh, dass sich die Symptomatik für den Rest des Vormittags dann wieder besserte. Kurz vor Ende des ersten Berges fuhren die ersten Männer, die aus dem Startblock A hinter uns gestartet waren auf uns auf und forderten lautstark ein, dass wir zur Seite treten sollen. Ich war in dem Moment die letzte von sechs Damen und trat brav beiseite, bereute dies aber im gleichen Moment als ich sah, dass das sicher zehn Fahrer waren und ich mich da dazwischen nicht mehr einreihen konnte. Bergab war ich eingeparkt und hatte keinen Sichtkontakt mehr zu Ila, die durch einen Lenkerkontakt im Rahmen eines unqualifizierten Überholmanövers zu Sturz kam. Zum Glück  gab es keine funktionseinschränkenden Blessuren (Anm, d. Redaktion: Die Jungs sollen mal ein bisschen Ihren Testosteronspiegel reduzieren – das Rennen ist lang genug, um sich in Schutt und Asche zu fahren). Wir fuhren von da an unser konstantes Tempo, ich in der Ebene, Ila bergauf und bergab vornweg. Die Sichtverhältnisse waren besonders in den frühen Morgenstunden mit der tiefstehenden Sonne bescheiden. Im aufgewirbelten Staub, nicht lange nach Ilas Sturz, verkantete sich mein Vorderrad in einer tiefen Fahrrinne und ich stieg über den Lenker in den Graben ab. Auch hier gab es zum Glück außer blauen Flecken keine schlimmeren Verletzungen. Damit sind jetzt hoffentlich die obligatorischen Stürze in den ersten Tagen abgetan und wir fahren von nun an sturzfrei weiter.
Fanti’s Pass war mir vom letzten Cape Epic noch wohlbekannt und galt es auch heute zu bezwingen. Im mittleren Abschnitt war der noch genauso steil, wie ich ihn in Erinnerung hatte und machte genauso wenig Spaß wie vor 2,5 Jahren. Aber mit etwas Geduld kommt man (und Frau) doch oben an. Von da an ging es fast ausschließlich bergab, bis wir nach knapp über 5 Stunden erneut als 9. Frauenteam das Ziel erreichten. Das war heute wieder eine recht solide Etappe für uns. So darf es gerne weitergehen.

Sunday, March 17, 2024

Prolog – im Blindflug über die Trails von Lourensford

Vor dem Start (Foto: Markus Weinberg)
Nach heftigen Stumböen am Vortag und in der Nacht wurde die Eisenbahnschiene begraben und ich konnte endlich einmal ohne vom vorbeifahrenden Zug geweckt zu werden bis kurz vor dem Klingeln des Weckers schlafen.
Die Anreise zum Startort in Somerset West gestaltete sich dann erstaunlich unkompliziert.

Partnerin Ila ist hier sowohl unter den Fahrern als auch unter allen Zuschauern und Fotografen allseits bekannt, sodass wir nicht umhin kamen, an jeder Ecke mit Leuten zu quatschen.
 

Wir reihten uns pünktlich in die Startreihe ein und fuhren fast pünktlich auf die Strecke. Ich fuhr zunächst in den seichten Anstiegen von vorne und gab ein zügiges Tempo vor. Kurz danach kam das  eine Minute vor uns gestartete Team in Sichtweite, blieb dort aber noch eine ganze Weile auf Abstand. Nach zwei leichten Anstiegen folgten in der zweiten Hälfte dann zwei steile, ruppige Berge. Am ersten der beiden sammelten wir weitere Teams auf und waren plötzlich in einer 8-Frau-starken Gruppe. Im nächsten engen Trailstück kam das Damenteam von Songo-Specialized angestürmt und ließ uns lautstark wissen, dass wir zügig Platz machen sollten, was sich angesichts der anderen sechs Fahrer vor uns und der Geländelage als vollkommen sinnlos und schwierig erwies. Wir sprangen dennoch brav in den Graben und ließen sie vorbei um uns dann hinter ihnen wieder einzureihen. Den letzten Anstieg quälten wir uns nach oben, bevor wir auf abwechslungsreichen Trails zurück in Richtung Ziel flogen. Die Trails waren so staubig, dass es auch mit reichlich Abstand zur Vorderfrau ein ziemlicher Blindflug war, stets hoffend, keine Bekanntschaft mit einem der größeren Steinen zu machen. 

Am Ende steht für uns ein sehr solider 9. Platz der Gesamtwertung zu Buche. Das ein oder andere Team hinter uns ist sicher „on paper“ vor uns einzuordnen, sodass es die nächsten Tage sicher noch einiges an Positionswechseln geben wird. Insgesamt sind wir über das Ergebnis, vor allem aber wie wir heute wirklich gut miteinander harmoniert haben, vollauf zufrieden und gehen mit guten Beinen und Vorfreude in die ersten „richtigen“ Etappen. 



Saturday, March 16, 2024

Anreise und Vorbereitung - Es geht schonmal gut los ...

Die Erwartungen an eine reibungslose Vorbereitung und Anreise des für mich dritten Cape Epics waren nicht hoch, und wurden dennoch nicht erfüllt. Ein Umpacken aller Sachen vom komfortablen Rollenkoffer in eine leichtere Tasche in letzter Minute um die Gewichtsvorgabe zu erfüllen war da erst der Anfang.

Mit etwas Schlafdefizit im Gepäck war ich recht froh über die Buchung meines Direktfluges München-Kapstadt mit deutlich physiologischerer „Schlafenszeit“ als mit dem Direktflug von Frankfurt. Wohl zum ersten Mal in meinem Leben war ich vor offizieller Check-in-Zeit am Schalter. Das half aber auch nix: dort wurde mir von sehr netten Mitarbeiterinnen mitgeteilt, dass mein Flug nach München überbucht sei und ich eine von drei Passagieren auf der Warteliste sei. Durch die angekündigten Streiks am Folgetag in München gab es eine Umbuchungswelle auf den Vortag. Mir wurde insofern Hoffnung gemacht, als dass erfahrungsgemäß solche Umbuchungen nicht von allen wahrgenommen werden würden.

Wegen Verspätungen begann das Boarding zur geplanten Abflugszeit und ich war der einzige Passagier, der wegen Überbuchung nicht mehr mitkam. Mit Bauchschmerzen (beim letzten Flug über Addis Abeba blieb eins unserer Räder dort hängen) buchte ich um auf einen Alternativflug über Frankfurt – Addis Abeba - Kapstadt. Mein erhoffter Nachtschlaf war hin, aber wenigstens könnte ich so am nächsten Tag in Kapstadt sein.

Das mit der Überbuchung stellte sich kurze Zeit später als ein Glücksfalls für mich heraus: die Maschine nach München musste kurz nach dem Start wegen technischer Probleme wieder umkehren, Reparaturen waren nicht erfolgreich. Wer Glück hatte, buchte auf den Flug nach Frankfurt, für den ich meinen Platz sicher hatte, und von dort mit Anschlussflug weiter nach München. Ich hatte in den letzten Stunden die Sympathien der netten Flughafen-Mitarbeiterinnen gewonnen, die mir eine „ganz besonders angenehme Reise“ wünschten.

Der Flieger war dann unerwartet voll und „overweight“, sodass mit der „Standard-Verspätung“ von 30 Minuten und dem Klären des Übergewichtsproblems (ich betete innerlich, dass mein Rad nicht ausgeladen werden würde.) wir über eine Stunde später als ursprünglich geplant abhoben. Von den vormals 95 Minuten Umstiegszeit war noch eine Viertelstunde übrig geblieben als wir in Frankfurt landeten. Im Spurt ging es durch die Passkontrolle zum Gate, wo dankenswerter Weise auf den „last passenger from Dresden“ gewartet wurde. Hier war ich mir sicher, dass meine Tasche und Rad nicht mitkommen würden. Umso überraschter war ich als ich beim Umstieg in Addis Abeba dachte, meine Radkiste in der Ferne ausmachen zu können.

In Kapstadt sammelte ich mein Rad in einer völlig zerschlissenen und aufgerissenen Kiste wieder auf, doch auf die Gepäcktasche wartete ich vergebens. Die sei in Addis Abeba geblieben und würde mir am nächsten Tag zugestellt werden. „Besser keine Tasche als kein Rad.“, dachte ich mir.

Ich zog zu meiner Partnerin in spe, Ila, und deren Familie in Fish Hoek (von Kapstadt die Kaphalbinsel etwas weiter in Richtung Kap der Guten Hoffnung) ein und genieße hier einen unglaublichen Ausblick auf den direkt angrenzenden Strand und die Bucht. Nur die Bahnlinie direkt dazwischen, 3 m vorm Schlafzimmerfenster, welches sich nicht schließen lässt, ist ein Minuspunkt dieser Superlage. Es versteht sich von selbst, dass der Zug, der sonst auch mal mehrere Tage nicht kommt, die letzten Tage halbstündlich ab 4.30 Uhr hier vorbei wummerte.


Die erste Ausfahrt zu Rad hier machten wir gemeinsam in den Trailpark Tokai, den Ila in- und auswendig kennt und mich nach meinem Wintertraining wie einen Anfänger aussehen ließ. Am nächsten Tag testeten wir die Prolog-Runde in Lourensford. Die Runde ist anspruchsvoll, ruppig und staubig. Kurve für Kurve kam hier langsam die Sicherheit und das „Gefühl“ für die Trails wieder, was mich vorsichtig positiv stimmt, die Woche ohne fatale Stürze zu überstehen.

Das neu aufgetretene Schaltproblem des Vortages in den kleinen Gänge setzte sich fort, sodass wir einen „short stop“ in Ilas zweiten Zuhause, dem Bike Shop, machten. Dort zeigte sich schnell, dass das Ausfallende, vermutlich durch den rustikalen Transport, verbogen war und die Schaltprobleme verursachte. Mit dem Versuch ein Knarzen an meinem Rad zu beheben, wurde die Kassette abgenommen und nicht wieder drauf bekommen, was dazu führte, dass verschiedenste Kassetten-Laufradkombinationen versucht wurden. Schlussendlich, nach 4 h „short stop“ blieb es beim ursprünglichen Material unter Anwendung großer Kräfte konnte alles wieder zusammengebaut werden.

Wir entschieden uns, nach unbeantworteten Anrufen und uneindeutigen E-Mails zu versuchen, meine Tasche direkt am Flughafen abzuholen. In Südafrika ist bei solchen Vorhaben meist bis kurz vor Schluss der Ausgang des Vorhabens nicht absehbar. So auch diesmal. Mit Passierschein A38 ging es für mich durch diverse Sicherheitskontrollen, Hinterräume und Büros. Überall lag herrenloses Gepäck umher, doch schlussendlich fand ich meine Tasche unter einem Berg von Koffern. Die Erleichterung war riesig!

Am Folgetag, sprich heute, stand eine kurze Ausfahrt auf dem Programm. Nach 15 min gab es ein neues Geräusch von meinem Hinterrad, was ich so noch nie gehört hatte. Zurück in der Werkstatt mit gesenktem Blick und schlechtem Gewissen zum Mechaniker, der die Lager der Hinterradnabe tauschte, was das Problem behob. Das Zusammenstellen eines Ersatz-Laufradsatzes nimmt im Augenblick ähnlich viel Zeit und Mühe in Anspruch. Ich bin dankbar hier so großzügige Unterstützung zu haben.

Wir hoffen, somit in den letzten Tagen alles an Pleiten, Pech und Pannen für die nächste Woche mit abgedeckt zu haben. Die Taschen sind gepackt und wir in freudiger Erwartung auf die nächste Woche. Los geht das mit dem Prolog um 10:31 Uhr (9:31 Uhr MEZ) in Lourensford (Livestream unter: https://www.youtube.com/watch?v=xBXOSxubc04)